im kontext von raum, bau und stadt

>Wand, nicht Wand

Entwurf für eine künstlerisch-architektonische Intervention

am und im Museum gegenstandsfreier Kunst, Otterndorf, Deutschland, Konzept Studio Balthaus, Berlin, VG Bild-Kunst, Bonn, Visualisierung Dipl.Ing Rafal Wamka, Berlin

Fritz Balthaus: Wand, nicht Wand

>Interventionen am Museum gegenstandsfreier Kunst Otterndorf

 

Die gegebene Situation des "Museum gegenstandsfreier Kunst", insbesondere des Museumsgebäudes und dessen Umgebung selbst, wird von den Museumsverantwortlichen als unzureichend empfunden. Die ursprüngliche Anlage hatte den Charakter einer Laden- und Büronutzung. Nach dem Umbau zur Nutzung als Museum funktionierten die Innenräume für klassische Museumsarbeiten, jedoch weniger für umgebungsbewußte Kunstwerke. Da jedes Medium, also auch ein Museumsgebäude, am Inhalt mitschreibt und das in ihm gezeigte mitinterpretiert, bleiben wichtige zeitgenössische Aspekte für das Museum ausgeschlossen, falls es keine künstlerisch-architektonische Umdeutungen und daraus folgende Interventionen und außenräumliche Baumaßnahmen gäbe.

 

Museum/Kreissparkasse

Die großzügige, aber auch problematische Überlassung des vormaligen Kreissparkassengebäudes als Museum schuldet ihre Probleme genau in dieser Tatsache. Die Funktionen und Abläufe einer ursprünglichen Bankfilialenarchitektur sind trotz des vollzogenen Umbaus zu einem Museum weiterhin in das Gebäude eingeschrieben. Zugebaute Fenster ermöglichen Ausstellungen wie in einem "white cube". Doch die beiden architektonischen Sphären von Innen und Außen prallen bei genauerem Hinsehen konfliktsichtbar aufeinander und können nicht verleugnet werden. Kontextbewußte, über die Rahmen von Bildern hinausgehende Arbeiten beziehen Wände, ganze Innenräume und Gebäude routinemäßig in ihre Arbeiten ein und stoßen automatisch auf diese widersprüchlichen Problemzonen des Museums. Da konkrete und konstruktive Kunst heute nicht selten in der Kontextkunst mündet und bereits zum aktuellen und künftigen Ausstellungsprogramm des Museums gehört, bleiben zeitgenössische Arbeiten dieser Provenienz ausgeschlossen, oder werden durch die aktuelle Museumsituation qualitativ beeinträchtigt.

 

Maßnahme:

Das Gebäude ist gegeben, ein Neubau ausgeschlossen. Direkte und bauliche Eingriffe am äußeren Gebäudekörper haben sich als unbrauchbar herausgestellt. Das liegt auch an der Leichtbauweise und dem provisorischen Charakter des Gebäudes, das einer temporär angelegten Geschäfts- und Warenhausarchitektur ähnlich ist. Das vorhandene Gebäude und seine Widersprüche zu kaschieren ist nicht der richtige Weg, denn gerade konkrete und konstruktive Kunst und deren zeitgenössische Weiterentwicklung verweigert sich jeder kaschierenden und kulissenhaften Bild- und Raumkultur. Deshalb wird vorgeschlagen das alte Gebäude als gegeben hinzunehmen und zu belassen wie es ist und nur etwa zu einem Drittel mit schwarzen Flächen zu versehen. Flächen, die stilistisch und in ihrer Anordnungsweise auf die Sammlungstradition des Hauses abhebt. Gleichzeitig wirkt der abdeckene Anstrich wie ein großes Fassaden-Passepartout und läßt unbehandelte Teile des Gebäudes frei. Sehr wichtig ist die strenge Eigenordnung des künstlerischen Anstrichs, die die Eigenordnung der architektonischen Fassaden- und Fenster-flächen bewußt außer acht läßt und formal nicht darauf eingeht. Der Fassadenanstrich läßt ein qualitätvolles neues Gebäudebild entstehen. Unmißver-ständlich, gleichwertig und selbstbewußt wird sowohl der Baubestand, als auch das Museum zum Thema erhoben und führt zu einem völlig neuen Gesamtbild des Museums in Otterndorf.

 

Parkplatz/Umgebungsbebauung:

Position und Form des Parkplatzes ist der umgebenden Bebauung und den Ansprüchen mehrerer Nutzer geschuldet. Die stadträumliche Position und die äußere Grundstückskontur ist unabänderlich.

Maßnahme: Die Existenz und Position des Parkplatzes muß von der öffentlichen Straßensituation aus sichtbar gemacht werden, eine alle zufrieden stellende Parkraumnutzung gewährleisten und eine Verbindung mit dem Museum eingehen. Da das Museumsgebäude und der Parkplatz aktuell ein unverbindliches Miteinander unterhalten, wird eine ästhetischen Verbindung, ein zwingendes Scharnier zwischen beiden vorgeschlagen. Ein Negativelement aus dem Fassadenbild, ein weiße Fläche von 2,10m x 3,21m, wird als weiße Mauer extrahiert und als ordnendes Strukturelement für die zerklüftete Parksituation vorgeschlagen. In der Draufsicht einer gestrichelten Linie ähnlich, zeigt und verdeckt die errichtete Mauer in der Ansicht ihre Umgebung. Ähnlich einem Passepartout das ein Bild zeigt und dessen Umgebungsränder verdeckt. Die ausgelassenen Zwischenräume zwischen den Mauerelementen zeigen und thematisieren die jetzigen Grundstücksgrenzsituationen aus Garagen, Sträuchern , Containern, Autos, Zäunen als Bilder. Einer Hängung im Museum gleich, zeigen diese Realbildausschnitte den tatsächlichen Ort, ästhetisieren und respektieren ihn in seiner Gegebenheit. Genauso wie am Museum die schwarzen Fassadenflächen einen Teil des Museums verdecken und einen anderen Teil zeigen, geschieht dasselbe nun auf dem Parkplatz mit dessen Umgebung. Auf diese Weise entsteht ein homogenes Gesamtbild aus einer vorher disparaten Gesamtsituation.

Architektur/Logo Das aktuelle Logo des Museums fußt auf der beliebigen Sparkassenarchitektur und verstärkt diesen Aspekt unnötig.

Maßnahme Es wird vorgeschlagen das Kürzel mgk anstelle des roten balkens als dreibuchstabiges Logo weiterzuentwickeln und mit der Dreieraufteilung der neuen Fassadenbemalung zu verbinden. Das neue Logo mgk kann vor die beiden Museumseingänge, auf dem Boden des Bürgersteigs und des Parkplatzes angebracht werden. Bei Interesse kann eine typografisch/architektonische Form nachbeauftragt werden.

 

Vordereingang/Hintereingang:

Betritt man das Gebäude von der Dorfstraße aus, konkurrieren Geldautomatenraum und Museumseingang miteinander und verunsichern die ortsunkundigen Besucher. Die Information, daß sich in dem Gebäude hauptsächlich ein Museum befindet wird unterdrückt und verunklärt. Auch deshalb wurde der hintere Museumseingang verstärkt, leider auch zuungunsten des attraktiven Publikumsverkehrs von der Hauptstraße Otterndorfs aus. Damit beide Museumseingänge wieder gleichwertig funktionieren und auch Passanten und zufälliges Publikum möglich werden, sind hier drei Maßnahmen vorgeschlagen.

Maßnahme Über dem Eingang, auf dem kleinen kragenden Vordach, soll nicht nur "Kreissparkasse" stehen sondern auch "Museum" und der Geldautomatenraum soll durch eine Glaswand mit Glasschiebetüren separiert wird. So werden beide Funktionen, Museum und Geldautomatenraum erschießungstechnisch gleich gewertet, was eine Minimalvoraussetzung für die Orientierung der Besucher im Gebäude zu verstehen ist.

 

Konzept Studio Balthaus, Fritz Balthaus, Berlin, © VG Bild-Kunst, Bonn, Visualisierung: Dipl.Ing Rafal Wamka,

Berlin, den 5. Dezember 2011